Giulio Romano – Eine Zeichnung aus der Sammlung Hertz
Inhalt
Einführung
Im Mittelpunkt dieser Forschungsausstellung steht eine der Vorzeichnungen Giulio Romanos für den berühmten Freskenzyklus, der für den großen Saal der Villa Lante auf dem Gianicolo-Hügel geschaffen wurde und der sich heute im Palazzo Zuccari befindet. Die kürzlich erfolgte Restaurierung der Zeichnung Die Befreiung der Cloelia hat Anlass gegeben, die besondere Wertschätzung neu zu beleuchten, die Henriette Hertz, leidenschaftliche Kunstsammlerin und Gründerin der Bibliotheca Hertziana, der Kunst der italienischen Renaissance, und insbesondere Gliulio Romano, entgegenbrachte.
1. Henriette Hertz und die italienische Renaissance
„Ein Albertinelli und ein Giulio Romano, das ist schon ein guter Anfang.“ Mit großer Genugtuung vermerkte Henriette Hertz 1890 in ihrem Tagebuch, dass sie die ersten Werke für ihre Kunstsammlung erworben hatte, darunter eine Madonna mit Kind von Giulio Romano, die später als Madonna Hertz bekannt wurde und die sich heute im Palazzo Barberini in den Gallerie Nazionali di Arte Antica befindet. Die 1846 geborene Hertz stammte aus einer Kölner jüdischen Familie. Ab den 1880er Jahren bewohnte sie zur Miete einen Trakt des Palazzo Zuccari zusammen mit ihrer langjährigen Schulfreundin Frida Loewenthal und deren Ehemann, dem Chemiker Ludwig Mond.
In den folgenden Jahrzehnten fügte Hertz ihrer Sammlung eine beträchtliche Anzahl weiterer Werke hinzu, darunter besonders viele aus der italienischen Renaissance. Beraten wurde sie bei ihren Käufen unter anderem durch die Kunsthistoriker Jean Paul Richter und Ernst Steinmann. Letzterer sollte später der Gründungsdirektor der Bibliotheca Hertziana werden. Zu den Meisterwerken der Sammlung Hertz gehörte der Freskenzyklus mit der Legende des Gianicolo-Hügels, der ursprünglich für die Villa Lante ausgeführt worden war und damals Giulio Romano (heute seinen Schülern) zugeschrieben wurde. Als es Henriette Hertz gelang, im Jahr 1904 den gesamten Palazzo Zuccari zu erwerben, ließ sie den den Zyklus in ihrem Speisesaal anbringen.
Weitere Säle des Gebäudes ließ sie von zeitgenössischen Malern im Stil der Neorenaissance dekorieren, darunter Edoardo Gioja, Mitglied der Künstlergruppe In arte libertas. Gioja war es auch, der das hier ausgestellte Porträt von Henriette Hertz schuf, das die Bibliotheca Hertziana eigens für diese Ausstellung antiquarisch erwerben konnte, nachdem sich die Vorzeichnung zu dem Gemälde bereits in ihrem Besitz befand. Um ihrer Leidenschaft für die italienische Renaissance Ausdruck zu verleihen, ließ sich Hertz wie eine Adelige des 16. Jahrhunderts porträtieren, wie ihre Kleidung und ihre Haltung andeuten.
Anhand einer Reihe von Zeichnungen, Drucken und Büchern aus dem Hertz-Nachlass, die alle mit Giulio Romano und den Fresken der Villa Lante in Verbindung stehen, will die Ausstellung einzelne Aspekte der Sammeltätigkeit des späten 19. Jahrhunderts beleuchten, darunter das Erwerben, Erforschen, Restaurieren, Ausstellen, Fotografieren und Publizieren von Kunstwerken.
Edoardo führte diese Vorzeichnung wahrscheinlich in dem selben Jahr aus wie das datierte Gemälde (1894). Während der Künstler das Gesicht und die Hände mit großer Detailtreue darstellte, skizzierte er die Kleidung und die den Landschaftshintergrund nur grob. Die Zeichnung befindet sich seit 1938 in der Kunstsammlung der Bibliotheca Hertziana. Der damalige Direktor Leo Bruhns erwarb sie für 350 Lire von der Erbin des Künstlers, Jenny Gioja.
Das Porträt stellt Henriette Hertz im Alter von 48 Jahren dar. Das grüne Samtkleid und die Spitzenbluse lehnen sich an Gemälde des 16. Jahrhunderts von Malern wie Tizian, Palma d. Ä. oder Lorenzo Lotto an, und auch die Technik, Tempera auf Holz statt des sonst üblichen Öl auf Leinwand, ist ein bewusster Rückgriff auf die frühe Neuzeit. Edoardo Gioja, Schüler von Nino Costa und italienischer Nachfolger der Präraffaeliten, hatte sich in den 1880er Jahren als Porträt- und Landschaftsmaler in der römischen Bourgeoisie einen Namen gemacht. Henriette hatte ihn vermutlich über ihre Freundin Lili Helbig, Tochter des bekannten Archäologen Wolfgang Helbig, kennengelernt, die bei Gioja Zeichenunterricht nahm.
Die Bronzestatuette zeigt Henriette Hertz mit der Feder in der Hand beim Schreiben an einem Stehpult. Vielleicht ist sie gerade mit dem Verfassen ihrer Monografie zu dem Renaissancemaler Pinturicchio beschäftigt. Die Statuette wurde von dem Bildhauer Ferdinand Seeboeck 1890 anlässlich des Geburtstags Ludwig Monds, seinem Mäzen und Förderer, geschaffen.
Die Bronzebüste von Henriette Hertz wurde 1911 von Adolf von Hildebrand (1847–1921) geschaffen, einem Bildhauer und Intellektuellen, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der deutschen Kunstszene eine bedeutende Rolle spielte. Neben der Büste besitzt die Hertziana mehrere weitere Werke dieses Künstlers.
Im Laufe der Jahre füllten sich alle Räumlichkeiten des Palazzo Zuccari mit den von Henriette Hertz erworbenen Sammlungsstücken, darunter zahlreiche Werke aus der italienischen Renaissance, wie die historischen Fotos der Hertz-Wohnung und der Arbeitsräume des neu gegründeten Instituts beweisen.
2. Erwerb
Im Jahr 1892 erwarb Henriette Hertz dank der Vermittlung Jean Paul Richters den damals Giulio Romano zugeschriebenen Freskenzyklus mit Szenen aus der Legende des Gianicolo-Hügels, der drei Jahrhunderte lang den Salone der Villa Lante geziert hatte. Heute wird die Autorschaft der Fresken in der Regel Giulio Romanos Schülern Polidoro da Caravaggio und Maturino da Firenze zugesprochen. Die ursprünglich für Baldassarre Turrini errichtete Villa ging 1551 in den Besitz der Familie Lante über (daher ihr Name) und wurde 1817 von der Familie Borghese erworben, die zwanzig Jahre später die Fresken entfernte, nachdem das Gebäude von der Ordensgemeinschaft des Sacro Cuore übernommen worden war. 1892 wurden die abgelösten Fresken gemeinsam mit anderen Sammlungsstücken aus dem Besitz der Borghese versteigert. Ein Originalexemplar des Borghese-Katalogs konnte anlässlich dieser Ausstellung für die Bibliotheca Hertziana angeschafft werden.
3. Ausstellung
Mit dem Anbringen der Fresken an ihrem neuen Standort beauftragte Henriette Hertz den Maler und Dekorateur Alessandro Palombi, der diesen Auftrag zwischen 1904 und 1905 ausführte. Die einzelnen Fresken wurden in eine eigens angefertigte Holzdecke eingefügt, die der ursprünglichen Stuckdecke nachempfunden war und die mit Groteskendekorationen nach Raffael ergänzt wurde. Kleine Kronleuchter wurden an den Stellen eingefügt, an denen sich in der ursprünglichen Anordnung Stuckbüsten befunden hatten.
In der Mitte des Gewölbes malte Palombi anstelle des in der Villa Lante verbliebenen Borghese-Wappens ein ovales Bild, das die kapitolinische Wölfin mit den Zwillingen Romulus und Remus darstellt. Auch eine Vorzeichnung zu diesem Gemälde hat sich in den Beständen der Hertziana erhalten. Sie gehörte wohl bis 1917 Mariano Cannizzaro, dem Hausarchitekten von Henriette Hertz, der es dann mit einer Widmung versehen der Malerin Alide Gollancz, der Nichte von Henriette Hertz, zum Geschenk machte. Im Vordergrund links ist der Ficus Ruminalis zu erkennen, der legendäre wilde Feigenbaum, der am Tiberufer wuchs, als die Zwillinge gefunden wurden. Im Hintergrund erkennt man drei Gebäude, die die Bütezeiten der römischen Geschichte symbolisieren. Auf der rechten Seite steht der kapitolinische Jupitertempel als Symbol des antiken Roms. Der links dargestellte Kapitolspalast spielt auf das Rom der Renaissance an, während das in der Mitte zu erkennende Denkmal für König Vittorio Emanuele II., das sich in jenen Jahren noch im Bau befand, auf Rom als Hauptstadt des geeinten Italiens hinweist.
In dem schließlich ausgeführten Gemälde wurde der Jupitertempel durch eine Festungsanlage ersetzt, die wohl das antike Castrum Romanum auf dem Palatinhügel darstellen soll. Die im Laufe des Werks vorgenommene Änderung ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass Henriette Hertz die politische Bedeutung des antiken Roms und weniger seine religiösen Konnotationen betonen wollte. Die Darstellung versinnbildlicht Henriette Hertz‘ Bild von Rom als politischem und kulturellem Zentrum Europas. In ihrem Tagebuch beschrieb sie Rom mit folgenden Worten: „ein ewiges Gedicht, dem jedes Jahrhundert eine neue Strophe hinzufügt“.
4. Dokumentation
Das Aquarell, welches dem Maler und Dekorateur Moritz Meurer zugeschrieben werden kann, gibt die ursprüngliche Anordnung der Gewölbe des Saals der Villa Lante wieder. Nach der Abnahme der Fresken mit Szenen aus der Geschichte des Gianicolo-Hügels erwarb Henriette Hertz sie für 20.000 Lire von der Familie Borghese. Zwischen 1905 und 1907 studierte Jean Paul Richter sie, um sie 1928 in seinem Buch über die Sammlung Hertz zu veröffentlichen. Neben Fotografien der Fresken wurde auch das Aquarell von Meurer als Bildtafel in das Buch aufgenommen.
Die vier mit Beschriftungen versehenen Kollagen mit Fotos der einzelnen Szenen und erläuternden Beschriftungen dienten wohl als vorbereitende Studien für das Aquarell, welches die ursprüngliche Anordnung der Gewölbedekoration zeigt. Die Kartons zeigen, dass das Medium der Fotografie um 1900 bereits auf vielfältige Weise in der kunsthistorischen Forschung eingesetzt wurde.
5. Restaurierung
Das Blatt muss sich beim Ankauf durch Henriette Hertz bereits in einem prekären Zustand befunden haben, denn es weist Spuren von Restaurierungsmaßnahmen des späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert auf. Es ist nicht bekannt, ob dieser Eingriff von Henriette Hertz in Auftrag gegeben wurde, auf jeden Fall bezeugt es die damals üblichen Restaurierungsmethoden, bei denen stark beschädigte Werke wie dieses ohne Rücksicht auf das Original durch Übermalungen, Ergänzungen und Korrekturen wieder „lesbar“ gemacht wurden.
Das Blatt muss sich beim Ankauf durch Henriette Hertz bereits in einem prekären Zustand befunden haben, denn es weist Spuren von Restaurierungsmaßnahmen des späten 19. oder frühen 20. Jahrhunderts auf. Es ist nicht bekannt, ob dieser Eingriff von Henriette Hertz in Auftrag gegeben wurde. Auf jeden Fall bezeugt es ein Zeugnis der damals üblichen Restaurierungsmethoden, bei denen stark beschädigte Werke wie dieses ohne Rücksicht auf das Original durch Übermalungen, Ergänzungen und Korrekturen wieder „lesbar“ gemacht wurden.
Details der Zeichnung vor der Restaurierung
Arbeitsschritte während der Restaurierung
Die Zeichnung nach der Restaurierung
Die anlässlich dieser Ausstellung durchgeführte Konsolidierung der Zeichnung und diverse kunsttechnologische Untersuchungen haben die hohe künstlerische Qualität der wenigen gut erhaltenen Partien in der oberen Hälfte des Blattes bestätigt.
Unter der Oberfläche
Diese Infrarotaufnahme zeigt eine interessante Planänderung (Pentimento) des Künstlers im Laufe des Entwurfsprozesses. Der Etruskerkönig Porsenna sollte seinen Kopf zunächst zu der Figur wenden, die auf seiner Linken gerade das Pferd besteigen will und die daher mit Cloelia zu identifizieren ist. In der endgültigen Version der Zeichnung hingegen blickt der König nach rechts, wo Cloelia gerade umringt von ihren Gefährtinnen heranschreitet. Die Protagonistin ist in der Szene also zweimal dargestellt.
Ein zweiköpfiger König
Auf der Infrarotaufnahme sieht es so aus, als habe der König zwei Gesichter. Indem Giulio Romano sich für eine Rechtsdrehung des Kopfes entschied, bevorzugte er inhaltlich den spannungsreichen Moment kurz vor der Begnadigung der angeklagten Cloelia. Die Szene mit dem Pferd in der rechten Bildhälfte erlaubt einen Ausblick auf das glückliche Ende der Geschichte.
Original oder später ergänzt?
Der schlechte Erhaltungszustand der Zeichnung führte dazu, dass sie in der Forschungsliteratur kaum Beachtung fand. Nachdem das Blatt offenbar in der Mitte gefaltet worden und Feuchtigkeit ausgesetzt worden war, verursachte die Trennung der beiden zusammenhaftenden Blatthälften bemerkenswerte Verluste vor allem im unteren Teil des Blattes. Diese Schäden versuchte man im 19. Jahrhundert durch grobe Restaurierungseingriffe zu beheben, die die Zeichnung jedoch noch weiter in Mitleidenschaft zogen, wie man auf diesem Synchrolight-Scan leicht erkennen kann. Nur der einigermaßen gut erhaltene obere Teil, hier mit einer roten Umrandung markiert, lässt Rückschlüsse auf den Originalzustand des Blattes zu.
6. Forschung
Um 1900 galt der Stilvergleich als eine der wichtigsten kunsthistorischen Forschungsmethoden. Zu den Beratern von Henriette Hertz gehörte der Kunsthistoriker Jean Paul Richter, ein Schüler Giovanni Morellis, der diesen Ansatz besonders intensiv verfolgte. Auf Richters Anregung hin kaufte Henriette Hertz einige herausragende Werke für ihre Graphiksammlung, darunter wahrscheinlich die hier ausgestellte Kampfszene mit Pferden und den Kupferstich mit David und Goliath. Beide Blätter stehen in engem Zusammenhang mit Werken Giulio Romanos.
Die in Rötel und Bleistift gezeichnete Kampfszene wurde 1839 auf einer Auktion als eigenhändige Zeichnung Giulio Romanos zum Kauf angeboten. Zu einem unbekannten späteren Zeitpunkt gelangte sie in die Sammlung Hertz. Das Blatt trägt eine Sammlermarke des dänischen Kunstmäzens Johan Conrad Spengler. Der gezeichnete Goldrahmen und der blaue Karton, auf den die Zeichnung montiert wurde, sind wahrscheinlich auf Spengler zurückzuführen. Auf dem Karton wurde auch die Zuschreibung an „Julio Romano“ vermerkt. Heute ist klar, dass es sich nicht um ein Original handeln kann. Stattdessen haben wir es wahrscheinlich mit einer Kopie des frühen 18. Jahrhundert nach einer Vorlage aus dem späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert zu tun, die ihrerseits auf den Umkreis Giulio Romanos zurückging. Bereits im Inventar der Sammlung Hertz aus dem Jahr 1913 wird das Blatt als „Faksimile“ einer Zeichnung Giulio Romanos bezeichnet. Damals war also offenbar schon klar, dass die Zeichnung allenfalls einem Nachahmer Giulios zugeschrieben werden konnte.
Der Kupferstich zeigt den dramatisch bewegten Kampf zwischen David und Goliath. Der 1540 entstandene Druck ist von „I.B. MANTUANUS SCULPTOR“ signiert, dem Mantuaner Kupferstecher Giovanni Battista Scultori, einem Schüler Giulio Romanos, der wie dieser am Hof der Gonzaga tätig war.
Der Druck folgt einer Vorlage Giulio Romanos, und zwar einem Lünettenfresko in der Loggia di Davide im Palazzo Te in Mantua, das der Maler zwischen 1532 und 1534 ausführte.
Dieser Kupferstich gelangte wahrscheinlich zu Steinmanns Zeiten in die Grafiksammlung der Bibliotheca Hertziana. Weitere Kopien befinden sich beispielsweise im British Museum und in der Hamburger Kunsthalle. In den frühen Jahren der Hertziana wurden offenbar systematisch Zeichnungen und Drucke angekauft wurden, die mit dem Werk von Giulio Romano in Verbindung standen, nachdem Henriette Hertz bereits den Freskenzyklus der Villa Lante, die Madonna Hertzund die Zeichnung mit der Befreiung Cloelias besaß.
7. Anlage einer Studiensammlung
Neben der Anschaffung von Kunstwerken gehörte zur Sammelpraxis des frühen 20. Jahrhundert auch das Zusammentragen unterschiedlicher Materialien zu einem bestimmten Künstler, die die eigentlichen Sammlungsstücke wissenschaftlich ergänzen sollten. Dies geschah auch im Falle Giulio Romanos in der Sammlung Hertz. Nachdem bedeutende Werke wie die Madonna Hertz und die Villa Lante-Fresken in die Sammlung Eingang gefunden hatten, wurden Drucke, Fotos, Reproduktionen etc. zum selben Thema angeschafft.
Die hier gezeigten Porträts von Giulio Romano sind Beispiele für die heterogenen Materialien, die in einer derartigen Studiensammlung enthalten sein konnten. Ihre Anschaffung geht höchstwahrscheinlich auf den Gründungsdirektor der Hertziana Ernst Steinmann zurück, der ein Experte für Druckgraphik des 16. Jahrhunderts war. Neben seinem wissenschaftlichen Nachlass, ist Steinmanns wichtigstes Vermächtnis, seine große Sammlung von Zeichnungen, Drucken, Abgüssen, Statuen und Büchern zum Werk Michelangelos.
8. Fotografie als Forschungsinstrument
Bereits in den 1880er Jahren nutzten Henriette Hertz und ihr Kreis mit Begeisterung das Medium der Fotografie zur Dokumentation und zur Untersuchung von Kunstwerken, aber auch zur Ausstellung von Reproduktionen. Sie beauftragten das in Rom von James Anderson gegründete Fotostudio, Aufnahmen der Villa Lante-Fresken und von Giulio Romanos Madonna Hertz anzufertigen. Darüber hinaus erwarben sie zahlreiche Kohledrucke von Meisterzeichnungen aus großen europäischen Sammlungen, darunter auch eine ganze Reihe von Reproduktionen von Zeichnungen Giulio Romanos, die der Fotograf Alphonse Braun angefertigt hatte.
9. Publizieren
Es war Frida Mond, die lebenslange Freundin Henriettes, die nach dem Tod der Sammlerin 1913 die Herausgabe eines Katalogs der Sammlung Hertz und der Fresken von Giulio Romano im Palazzo Zuccari anregte. Die langwierige Arbeit an diesem Buch ist in einem Briefwechsel zwischen Jean Paul Richter, dem Autor des Katalogs, Ernst Steinmann, dem Gründungsdirektor der Hertziana und Herausgeber der Publikation, und Robert Mond, der das Projekt finanzierte und das Vorwort schrieb, dokumentiert.
Das Buch erschien 1928 in Leipzig in einer Auflage von 300 Exemplaren. Das Titelblatt wurde von dem bekannten Illustrator Marcus Behmer gestaltet und wird ergänzt durch eine Fotografie der Bronzebüste von Henriette Hertz, die der Bildhauer Adolf von Hildebrand 1911 gegossen hatte.
Aus der Korrespondenz gehen Uneinigkeiten über die fotografische Ausstattung des Bandes hervor, die nach Meinung von Robert Mond in Farbe hätte erfolgen sollen, während Steinmann hochwertige Schwarz-Weiß-Fotografien für notwendig hielt, um den wissenschaftlichen Wert des Buches besser zur Geltung zu bringen.
Die Bedeutung, die Steinmann den Fresken der Villa Lante beimaß, von denen man damals noch annahm, dass sie von Giulio Romano selbst stammten, lässt sich aus einem seiner Briefe an Richter vom November 1927 erschließen, in dem er vorschlug, den Band Gli affreschi di Giulio Romano e la collezione Hertz nel Palazzo Zuccari zu betiteln. Steinmann hob hervor, dass die Fresken bis dahin kaum bekannt gewesen seien.
Ausgewählte Bibliographie
100 Jahre Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte. Der Palazzo Zuccari und die Institutsgebäude 1590–2013, hg. von Elisabeth Kieven, München 2013.
100 Jahre Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte. Die Geschichte des Instituts 1913–2013, hg. von Sybille Ebert-Schifferer, München 2013.
La donazione di Enrichetta Hertz, 1913–2013, hg. von Sybille Ebert-Schifferer und Anna Lo Bianco in Zusammenarbeit mit Cecilia Mazzetti di Pietralata und Michela Ulivi, Cinisello Balsamo 2013.
Christoph Luitpold Frommel, „Giulio Romano e la progettazione di Villa Lante“, in Ianiculum – Gianicolo, hg. von Eva Margareta Steinby, Rom 1996, S. 119–140.
Jean Paul Richter, La collezione Hertz e gli affreschi di Giulio Romano nel Palazzo Zuccari, Leipzig 1928.
Julia Laura Rischbieter, Henriette Hertz, Mäzenin und Gründerin der Bibliotheca Hertziana in Rom, Stuttgart 2004.
Villa Lante al Gainicolo. Storia della Fabbrica e cronaca delgi abitatori, hg. von Tancredi Carunchio und Simo Örmä, Rom 2005.
Impressum
Projekt Susanne Kubersky-Piredda, Gaia Mazzacane, Oliver Lenz
Fotografie Enrico Fontolan
Texte Susanne Kubersky-Piredda, Gaia Mazzacane
Übersetzungen Marina Hopkins (ing), John Rattray (ing), Julia Hagge (ted)
Realisierung Ksenia Yurina
Restaurierung Lorena Tireni (Aurea Charta), Serena Galetti, Emiliano Africano, Lorenzo Civiero
Kunsttechnologische Untersuchungen Claudio Seccaroni, Giuseppe Marghella (ENEA, Roma)